Eine Nacht für die Geschichtsbücher

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Wassily und Nikolai Gerassimez, Foto: Karlheinz Krämer
Wassily und Nikolai Gerassimez, Foto: Karlheinz Krämer

14 Künstler, 2 Moderatoren, 6 Stunden Musik, 3 Bühnen, 220 Besucher, bestimmt tausende Takte Musik, Klassik, Jazz, Pop, Gesang, Schauspiel. Allein die Statistik enthält Superlative. Die Lange Nacht der Gipfelstürmer bot so ziemlich alles, was sich ein Mensch erträumen kann, wenn er sich für Musik und Kultur interessiert. In vielerlei Hinsicht war die Lange Nacht schon vorher als einer der Höhepunkte der Gezeitenkonzerte bezeichnet worden. Denn dass die Gipfelstürmer das Potenzial haben, die Besucher vom Hocker zu reißen, erleben wir seit anderthalb Jahren. All diese Gipfelstürmer zusammen an einem Abend? Ein Traum.

Liya Petrova und Pau Codina Masferrer, Foto: Karlheinz Krämer
Liya Petrova und Pau Codina Masferrer, Foto: Karlheinz Krämer

Wie lief dieses Wandelkonzert nun ab? In zwei Räumen, dem wunderschönen Ständesaal und dem Landschaftsforum, fanden zeitgleich Konzerte statt, in denen sich die Musiker abwechselten. Vorher wurden die Besucher in zwei Gruppen, die blaue und gelbe Gruppe eingeteilt. Nach der ersten Pause wechselten dann die Gruppen die Räume, man „wandelte“ also durch die Räumlichkeiten der Ostfriesischen Landschaft. Aber nicht nur die Besucher, sondern auch die Musiker flitzten noch während des Konzertes zwischen den Räumen hin und her, sodass jeder Besucher auch in den Genuss aller Stücke kam. Nach der zweiten Pause fanden sich dann alle – Musiker und Besucher – im Forum zusammen, wo alle Künstler noch einmal spielten und dann bei der Musik von JOCO den Abend im Innenhof der Landschaft ausklingen ließen.

Helge Aurich und David Kindt, Foto: Karlheinz Krämer
Helge Aurich und David Kindt, Foto: Karlheinz Krämer

So viel zur Struktur, die viel komplizierter klingt als es tatsächlich war und sich als riesiger Erfolg herausstellte. Pünktlich um 18:00 Uhr ging es bei besten sommerlichen Temperaturen entspannt im Innenhof los, wo Matthias Kirschnereit die Gäste begrüßte und mit der Struktur des Abends vertraut machte. Bereitwillig zogen alle in ihre jeweiligen Räume und ließen sich verzaubern von den jungen Künstlern, die euphorisiert und elektrisierend alle in ihren Bann zogen. Matthias Kirschnereit und Ulf Brenken moderierten jeweils die Konzerte, unterhielten das Publikum mit kurzweiligen Anekdoten und Informationen zu Komponisten, Werken und Musikern und führten so bereichernd durch die Lange Nacht.

Vasyl Kotys und Karo Khachatryan, Foto: Karlheinz Krämer
Vasyl Kotys und Karo Khachatryan, Foto: Karlheinz Krämer

Ein einzelner Blogeintrag reicht überhaupt nicht aus, um alle Künstler entsprechend zu würdigen. Für diejenigen, die diese Nacht leider verpasst haben, reicht vielleicht schon die Auflistung all derer aus, die mitgewirkt haben, um eine Vorstellung zu bekommen. Einige bekannte Namen kennt man noch aus dem letzten Jahr, einige sind dazu gekommen, wie der Tenor Karo Khachatryan, der mit seinen Arien die Landschaft zum Beben brachte, oder der Schauspieler Tino Kühn, der Texte vortrug und alle Register der schauspielerischen Darbietung zog. Vasyl Kotys (Klavier), Lilit Grigoryan (Klavier), Liya Petrova (Violine), Pau Codina Masferrer (Violoncello), Nicolai Gerassimez (Klavier), Wassily Gerassimez (Violoncello), Helge Aurich (Klavier) und David Kindt (Klarinette) standen am Ende gemeinsam auf der Bühne und verbeugten sich und erhielten donnernden Applaus, ein Bild für das Geschichtsbuch der Gezeitenkonzerte.
Matthias Kirschnereit bedankte sich für die gelungene Premiere. Dass dieses Wandelkonzert wiederholungswürdig ist, stand da schon fest. Vor allem der letzte gemeinsame Teil im Forum war für den künstlerischen Leiter eine Herzensangelegenheit. Denn es gab zwar ein offizielles Programm – das wurde aber am Ende über den Haufen geworfen und jeder spielte mehr oder weniger spontan. So wurde der Abschluss eine spannende Improvisation („Überraschungen“ stand im Programm), das Ganze funktionierte quasi auf Zuruf: „Wassily, willst du noch spielen?“. So wurde die oft übliche und strenge Liturgie des Klassikkonzertes abgelöst von einer entspannten, aber zugleich höchst konzentrierten und intensiven Atmosphäre mit dem Gefühl von „Hier und jetzt kann jetzt alles passieren“. Der Kreislauf des Kunstwerkes von Werk, Interpret und Publikum – selten wurde er so deutlich wie bei der Langen Nacht. Lang war der Sonnabend tatsächlich, der dritte Teil endete gegen 23:15 Uhr (man bedenke: es ging um 18:00 Uhr los!). Das störte niemanden, im Gegenteil: alle strömten zurück in den Innenhof, wo den ganzen Abend lang das Haase Catering und Thiele Tee für das Leib und Wohl sorgten und die ostfriesische Band JOCO den letzten musikalischen Höhepunkt bot. Zu deren wunderbaren Klängen und dem harmonischen Gesang der beiden Schwestern Cosima und Josepha ließ man die laue Sommernacht mit einer Gartenparty ausklingen. Die Lange Nacht der Gipfelstürmer – auch im nächsten Jahr!

JOCO, Foto: Karlheinz Krämer
JOCO, Foto: Karlheinz Krämer

Musikalische Wanderungen beim Gezeitenkonzert in Holtgaste

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Matthias Kirschnereit beim Gezeitenkonzert in Holtgaste, Foto: Karlheinz Krämer
Matthias Kirschnereit beim Gezeitenkonzert in Holtgaste, Foto: Karlheinz Krämer

„Was hat sich denn der Kirschnereit bei diesem Programm gedacht!?“ – Dieser Satz stammte gestern Abend in Holtgaste nicht von einem skeptischen Konzertbesucher, sondern vom Meister persönlich. Ungewöhnlich wirkte das Programm tatsächlich: nicht weniger als acht (!) Komponisten standen auf dem Programm, das von bekannten Stücken wie Mozarts A-Dur Sonate und Schumanns Kinderszenen bis zu Entdeckungen von Alberto Ginastera reichten. Ein tiefer Griff in die Repertoirekiste, wie er selber sagte. Und gleichzeitig ein Querschnitt durch das virtuose und breit gefächerte künstlerische Spektrum des künstlerischen Leiters der Gezeitenkonzerte.

Natürlich hatte er sich bei dem Programm etwas gedacht. Nach der perlenden Mozart-Sonate erklärte Kirschnereit den Abend. Das „Wandern“ sei das Leitmotiv des Programms. Bei Mozart wandert das Thema durch die verschiedenen Variationen und landet letztendlich im berühmten türkischen Marsch, also auch eine kulturelle Wanderung. Weiter ging es mit Schuberts Ungarischer Melodie und der Wanderung durch alle möglichen Tonarten im Marsch E-Dur hin zu Helmut Lachenmanns Variationen über ein Thema von Schubert. Die Anekdote dazu: Lachenmanns Lehrer bemängelte sein Legato-Spiel bei den Schubert Interpretationen. Was machte Lachenmann? Eine Woche später reichte er einfach seine eigenen Variationen ein.

Nach dem Schubert hatte sich der Pianist sichtlich warm gespielt, und auch die schöne Kirche in Holtgaste wärmte sich am Klang auf. Wettertechnisch war es gestern mal wieder bescheiden. Na, ja, im Prinzip war es einfach nur viel zu kalt für einen Julitag. Die Kirche – auch eine Entdeckung – liegt auf einer Warft am Rande des Dorfes. So weit man gucken kann, nur Wiesen und Horizont, also Ostfriesland pur. In der Kirche selber stand die Bühne zwischen Kirchenschiff und Chor. Dazwischen befindet sich eine Art Triumphbogen, sodass wir auch „hinter“ dem Flügel noch Stühle aufstellen konnten. 160 Besucher fanden damit Platz.

Nach der Pause, die dann die meisten doch draußen verbrachten, ging es mit Schumanns Kinderszenen weiter, die ja vermutlich jeder Klavierliebhaber kennt und vermutlich so einige zuhause üben. Zum Schluss hin wurde es dann abenteuerlich virtuos. Rachmaninoff (Preludes gis, h, und g-Moll) ist dafür immer noch der beste Garant. Richtig spannend wurde es dann am Ende mit Alberto Ginasteras Sonate para piano Nr. 1 op. 22 aus dem Jahr 1952. Scharfe argentinische Rhythmen und wilde Wechsel von Sechsachtel- und Dreiviertel-Takten rasten nur so dahin bis sie donnernd verhallten.

Mit Standing Ovations und zwei Zugaben endete der Abend um kurz vor 23:00 Uhr. Matthias Kirschnereit fuhr nach dem Mammutprogramm noch in der Nacht nach Hamburg zurück. So ein musikalischer Wanderer ist eben immer unterwegs.

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Gezeiten-TV | Zum Auftakt

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Gestern gab es einen furiosen Auftakt der Gezeitenkonzerte mit dem Vogler Quartett und dem Verdi Quartett jeweils solo und beim Mendelssohn-Oktett zum Schluss gemeinsam in der nahezu ausverkauften Auricher Lambertikirche. Das Publikum war restlos begeistert und bedankte sich mit Standing Ovations bei den Künstlern. Die waren geradezu überwältigt von diesen Reaktionen. Hier kommt schon einmal der Beitrag von Gezeiten-TV mit einem Interview mit dem künstlerischen Leiter Matthias Kirschnereit und einem kleinen Einblick.

Gezeitenkonzerte 2013 mit dreimal Rhapsody in School

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Rhapsody in School mit Matthias Kirschnereit, Aurich, 21. Juni 2012
Rhapsody in School mit Matthias Kirschnereit, Aurich, 21. Juni 2012

Rhapsody in School ist ein von Lars Vogt initiiertes Projekt, bei dem Künstler vor einem Konzert eine Schulklasse besuchen, ein wenig Musik spielen, ihre Instrumente vorstellen und etwas aus ihrem Leben als Künstler erzählen. Bereits im letzten Jahr gab es im Rahmen der Gezeitenkonzerte drei Rhapsodien in Norden, Aurich und Leer, in denen Matthias Kirschnereit und das Duo Jeanquirit (Helge Aurich und David Kindt) sich mit Kindern und Jugendlichen der verschiedenen Altersstufen auseinandergesetzt und dabei tolle Erlebnisse gehabt haben. Es ist wirklich sehr faszinierend, wenn gerade kleine Kinder diesen Erstkontakt mit klassischer Musik genießen!

Allerdings ist es manchmal gar nicht so einfach, so kurzfristig nebenbei noch eine Rhapsody in School zu organisieren. Eigentlich läuft das direkt vom Projekt aus, da wir hier vor Ort jedoch gute Kontakte zu den Schulen haben, habe ich angeboten, mich dazwischen zu schalten. Man merkt deutlich, dass es aufs Ende des Schuljahres zugeht: Die Schule Altes Amt in Friedeburg entlässt erst am Freitag ihre Schüler aus den 9. und 10. Klassen mit einer großen Entlassungsfeier. Die Schule in Wittmund ruft leider nicht einmal zurück, vermutlich wegen der zahlreichen Zeugniskonferenzen und weiterer Termine. Dementsprechend gibt es nun zwar drei Rhapsodien und damit das in diesem Jahr maximal mögliche, aber alle drei finden in Aurich statt. Die Künstler freuen sich, sind es doch kurze Wege. Und der Schulleiter aus Friedeburg bittet darum, unbedingt im nächsten Jahr berücksichtigt zu werden.

Sowohl das Verdi Quartett als auch das Vogler Quartett gehen zusammen am Donnerstag ins Gymnasium Ulricianum. Dort gibt es zwei sehr interessierte Musiklehrerinnen, die aktiv auf uns zugekommen sind und nach einer Rhapsody gefragt haben. Im letzten Jahr hat mir der der dortige Fachobmann für Musik noch einen Korb gegeben. Nun wäre es nur fast an den Probenplänen der beiden Quartette gescheitert. Wie schön wäre es doch, wenn wir so etwas gleich ein paar Monate im Vorfeld festmachen könnten. Das wird vermutlich aber auch für die kommenden Jahre Wunschdenken bleiben, gerade wenn es sich um mehr als nur einen Künstler handelt. Frau von Imhoff als Projektleiterin von Rhapsody in School freut sich, dass es nun doch alles kurzfristig klappt. Schon längst hatte sie die acht Musiker aus den Quartetten auf ihrer Wunschliste. Nun debütieren sie bei den Gezeitenkonzerten im fernen Aurich und sie ist traurig, dass sie nicht dabei sein kann. Auch das werden wir im nächsten Jahr ändern!

Heute Nachmittag kam dann noch die dritte Rhapsody mit Matthias Kirschnereit zustande: Er begibt sich am Freitag in die 9. Klasse der Realschule Aurich. Dort gibt es erneut zwei engagierte Lehrkräfte für das Fach Musik, die normalerweise beide freitags unterrichten. Die, mit der ich zuerst gesprochen habe, ist allerdings am 21. Juni mit ihrer Klasse im Heidepark, sodass ihre Kollegin zum Zuge kommen wird und sich sehr darüber freut.

Gezeiten-TV im Interview mit Matthias Kirschnereit

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Nach der Pressekonferenz zur Vorstellung der Gezeitenkonzerte am 3. Mai 2013 in den Räumlichkeiten der Ostfriesischen Landschaft hat sich das Filmteam von Gezeiten-TV den künstlerischen Leiter, Prof. Matthias Kirschnereit, für ein Interview zu den Inhalten des Programms geschnappt. Er gibt einen Ausblick auf die Künstler und mögliche magische Momente in den tollen Spielstätten mit ihrer wundervollen Atmosphäre in Ostfriesland.

Verlegung Gezeitenkonzert in Sengwarden

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Christian Tetzlaff und Matthias Kirschnereit, Foto: Karlheinz Krämer
Christian Tetzlaff und Matthias Kirschnereit, Foto: Karlheinz Krämer

Kaum ist unser Faltblatt zu den Gezeitenkonzerten 2013 auf dem Markt, fragen mich doch ausgerechnet unser künstlerischer Leiter Matthias Kirschnereit und indirekt auch sein Duopartner Christian Tetzlaff, ob sie nicht doch einen Tag früher spielen könnten. Beide sind stark nachgefragte Künstler mit einem dichten Terminkalender. Matthias käme es sehr entgegen, doch am Samstag mit der Kammerakademie Potsdam zusammen für das Abschlusskonzert am Sonntag zu proben, und da sich bei Christian etwas verschoben hat, wäre auch ihm der Freitag lieber. Dazu kommt, dass der Ü-Wagen vom NDR rein zufällig auch am Freitag frei wäre, am Samstag jedoch nicht. Glücklicherweise passt der geänderte Termin auch bei unseren Gastgebern dieses Gezeitenkonzertes, der Kirchengemeinde Sengwarden bei Wilhelmshaven. Dann bleibt noch zu hoffen, dass sich auch unser Streifzug in den ländlichen Garten der Familie Janssen einen Tag vorverlegen lässt. In diesem bezaubernden Ambiente können die Konzertbesucher nämlich im Vorfeld bei Kaffee und Kuchen entspannen und sich die unterschiedlichen Gartenbereiche mit Rosen und Kräuterbeeten, die durch Hecken unterteilt sind, anschauen.

Also spielen Violinist Christian Tetzlaff und Pianist Matthias Kirschnereit ihren Duoabend mit Werken von Leoš Janáček (Violinsonate für Violine und Klavier), Beethoven (Violinsonate Nr. 6 op. 30/1 A-Dur), Mozart (Violinsonate e-Moll op. 1 KV 304) und Maurice Ravel (Sonate für Violine und Klavier G-Dur) am Freitag, dem 9. August 2013 um 20:00 Uhr in der wunderschönen St.-Georgskiche Sengwarden.

Kirche Sengwarden, Foto: Karlheinz Krämer
Kirche Sengwarden, Foto: Karlheinz Krämer

Teufelsgeiger Ingolf Turban beim Gezeitenkonzert in Leer

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Ingolf Turban, Foto: Dorothee Falke, München
Ingolf Turban, Foto: Dorothee Falke, München

Nachdem wir vor einiger Zeit nur einen kurzen Überblick über die Künstler der Gezeitenkonzerte 2013 gegeben haben, können und wollen wir nun langsam konkreter werden. Nach und nach erfahren Sie hier Einzelheiten zu allen Gezeitenkonzerten und Hintergrundwissen zu deren Entstehung und vor allem zu den Künstlern, die sie spielen.

 

Ingolf Turban spielt ein Gezeitenkonzert in Leer
Nach vielen Telefonaten und einigen Verschiebungen und Überlegungen haben wir am Donnerstag beispielsweise unser Gezeitenkonzert in der Großen Kirche in Leer eingetütet. In diesem Zusammenhang freuen wir uns, wenn wir auf Wünsche und/oder Anregungen unserer Gastgeber reagieren können, denn ursprünglich hatten wir dort zu einem anderen Zeitpunkt ein anderes Konzert durchführen wollen. Nun wird in der Großen Kirche am Sonntag, 4. August 2013 um 17:00 Uhr Ingolf Turban mit Niccoló Paganinis „Le Streghe“, Camillo Sivoris „Romanza senza parole“ und Giuseppe Tartinis Sonate g-Moll („Teufelstriller-Sonate“) auftreten.
Dass der Ausnahmeviolinist in diesem Jahr bei den Gezeitenkonzerten dabei sein sollte, war bereits kurz nach Ende des letzten Festivals klar.
In den letzten Wochen hatten Matthias Kirschnereit und Ingolf Turban häufiger die Gelegenheit, Einzelheiten persönlich zu klären; schließlich haben sie gemeinsam mit dem jungen, faszinierenden Kammerorchester I Virtuosi di Paganini innerhalb von 14 Tagen acht Konzerte gespielt. Die Presse hat sich sehr enthusiastisch gezeigt, z. B.

Hans-Jörg Loskill in der WAZ: „Perlen und Pretiosen – temperamentvoll und atemberaubend in der technischen Bewältigung. Wann hat man solch eine Fülle von Flageoletts, Trillern, Doppelgriffen, Arpeggien, Laufsprüngen oder Legato-Ebenmaß so perfekt ausgeführt gehört? Turban wurde umjubelt.“

Thurgauer Zeitung: „In jugendlicher Gelenkigkeit haben Matthias Kirschnereit, Ingolf Turban und dessen Streicherensemble I Virtuosi di Paganini auf Einladung der Konzertgemeinde Frauenfeld Werke grosser Meister präsentiert – ein Genuss.“ Hier kann ich eigentlich nur den Link zur kompletten Rezension empfehlen.

Vita Ingolf Turban
Ingolf Turban war Solist in den Philharmonien von Berlin und München, im Kennedy Center in Washington, in der New Yorker Avery Fisher Hall, in der Züricher Tonhalle, im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins oder der Mailänder Scala. Mit Dirigenten wie Sergiu Celibidache, Charles Dutoit, Lorin Maazel, Zubin Mehta, Yehudi Menuhin, Jun Märkl und Marcello Viotti trägt er neben den Werken der großen Violinliteratur ein zum Teil nie gehörtes Repertoire in die Welt.
Im Jahr 2006 folgte Ingolf Turban, der bis dahin elf Jahre an der Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst unterrichtet hatte, dem Ruf an die Hochschule für Musik und Theater in München. Bereits 2005 gründete er I Virtuosi di Paganini, mit der Idee, der „unerhörten, virtuosen Leichtigkeit von Paganinis Musik endlich wirklich zu entsprechen“ (s. www.liebrandt.com). Im März 2007 wurde in der ARD die Fernsehdokumentation „Paganinis Geheimnis“ ausgestrahlt, in der Ingolf Turban nicht nur dessen Werke spielt, sondern auch Niccoló Paganini selbst darstellt. Nicht zuletzt diese Rolle wird auch ihm den Spitznamen „Teufelsgeiger“ eingetragen haben.

Es begab sich …

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Vor genau 366 Tagen (nein, ich habe mich nicht verzählt – 2012 war ein Schaltjahr!) tagte im Prunkzimmer der Ostfriesischen Landschaft die Kommission zur Findung der künstlerischen Leitung der neuen Gezeitenkonzerte. Diese Findungskommission setzte sich aus insgesamt neun Personen (Ostfriesische Landschaft, Musikwissenschaftler, niederländische Kooperationspartner und Sponsoren) zusammen. Ihr stellten sich drei qualifizierte Bewerber aus Berlin, Hamburg und Hannover mit unterschiedlichen Backgrounds vor, die sich alle gründlich mit den Themen Musikfestival und Ostfriesland sowie dem vorab gemailten Fragenkatalog auseinandergesetzt hatten.
Nach vielen intensiven Gesprächen und Beratungen wurde am Ende des Abends des 16. Januars 2012 Prof. Matthias Kirschnereit für diese Aufgabe ausgewählt. Wir sind sehr zufrieden mit dieser Wahl.
Matthias hat uns im letzten Jahr zwanzig farbenfrohe Gezeitenkonzerte mit unglaublich guten, aber auch netten und herzlichen Künstlern beschert. Egal ob es die arrivierten Stars waren – ich habe dabei sofort das Konzert in Reepsholt vor Augen, in dessen Pause Sharon Kam sich intensiv mit den Konzertgästen ausgetauscht hat – oder die Gipfelstürmer, die das Publikum und uns dermaßen in ihren Bann gezogen haben, dass alle überlegten, welche Gipfel die denn noch erklimmen wollen – es hat unglaublich viel Spaß und vor allem Lust auf mehr gemacht. Seine Quirligkeit und die vielen Ideen haben für ein sehr lebendiges Festival gesorgt.
Allerdings kommt es uns vor, als würde man einander bereits viel länger kennen, denn es war ein ziemlich intensives Jahr, das das Team der Gezeitenkonzerte eng zusammengeschweißt hat. Und damit meine ich nicht nur das Kernteam im Landschaftsforum, sondern auch den erweiterten Kreis. Alle fragen in unregelmäßigen Abständen nach, welche aktuellen Entwicklungen es gibt und bitten darum, von Anfang an mit eingebunden zu werden. So wie es im Moment aussieht, geht in diesem Jahr vermutlich niemand verloren, sodass sich Besucher und Kooperationspartner bei den Gezeitenkonzerten 2013 auf die gleichen Gesichter im Organisationsteam wie vom letzten Jahr einstellen können.

Längst nicht alle, aber eine kleine Auswahl: Das Team der Gezeitenkonzerte 2012
Längst nicht alle, aber eine kleine Auswahl: Das Team der Gezeitenkonzerte 2012

Gezeitenkonzert-Brainstorming in Hamburg

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Matthias Kirschnereit und Dirk Lübben bei der Planung der Gezeitenkonzerte

Freitag waren wir bei Matthias Kirschnereit zu Hause in Hamburg, um gemeinsam zu überlegen, welcher Ort für welchen Künstler der Gezeitenkonzerte im nächsten Jahr sinnvoll ist und ob sich bestimmte Ideen so umsetzen lassen. Nachdem er dieses Jahr so oft schon nach Ostfriesland gefahren war, haben wir einfach mal den Spieß umgedreht und sind bereitwillig seiner Einladung gefolgt.

Es waren sehr viele Ideen, die im Hause Kirschnereit hin und her gewälzt wurden, sodass die Zeit dort wie im Fluge vorüber ging. Positiv ist auf jeden Fall, dass im Grunde genommen die meisten Programmpunkte der Gezeitenkonzerte 2013 schon stehen. Jetzt müssen wir nur noch schauen, welche Termine bei den Künstlern und natürlich auch den gastgebenden Kirchengemeinden und anderen Partnern frei sind. Dafür gibt es eine lange „To-do-Liste“, die nach und nach von mir abgearbeitet wird. Ein Konzert hat sich für 2013 leider gleich Montag wieder erledigt, da Xavier de Maistre mitgeteilt hat, dass er doch nicht zum avisierten Termin zur Verfügung stehe, aber große Lust auf die Gezeitenkonzerte 2014 habe.

Puzzle-Arbeit
Es sind viele kleine Puzzle-Stücke, die jetzt in die Hand genommen werden müssen. Viele Agenturen habe ich zwar heute erreicht, aber eigentlich nur eine vorläufige Zusage bekommen, da die Künstler sich in der Weltgeschichte rumtreiben. Das ist ein sehr spannender Part meiner Arbeit, dieser spezielle Entwicklungsprozess und ich freue mich über das Vertrauen, dass uns nicht nur Matthias Kirschnereit als künstlerischer Leiter, sondern auch die Künstler und deren Agenturen entgegen bringen.

Es passiert noch etwas

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Nein, wir sind weder im Urlaub, noch im Winterschlaf, sind aber schwer mit den Vorbereitungen für die Gezeitenkonzerte 2013 beschäftigt. Viel zur Planung können und wollen wir natürlich noch nicht verraten. Nichts desto trotz versuchen wir Sie auch weiterhin mit ein paar Informationen zu versorgen.

Szymanowski Quartett, Foto: Karlheinz Krämer

Bereits letzten Sonntag hat Matthias Kirschnereit gemeinsam mit dem Szymanowski Quartett Werke von Szymanowski, Chopin und Weinberg zusammen im Großen Saal vom konzert theater coesfeld gespielt. Die Vier haben sich bei ihm noch einmal sehr bedankt, dass sie bei der Premiere der Gezeitenkonzerte dabei sein durften. Es sei wirklich wunderbar in Ostfriesland gewesen: tolle Organisation, tolle Akustik, tolles Publikum. So ähnlich haben sie es uns gegenüber schon in unserem Künstlergästebuch ausgedrückt. Matthias war sehr angetan von diesem Konzert und dem Zusammenspiel, schließlich haben sie gemeinsam auch schon Werke von Weinberg und Schostakowitsch eingespielt.

Der Komponist Mieczyslaw Weinberg (1919-1996) war an mir bislang leider völlig vorbei gegangen, dabei wird beispielsweise sein Klavierquintett f-Moll op. 18 gar nicht mal so selten gespielt. Als polnischer Jude floh er 1939 aus Warschau, wo er bereits im Alter von zwölf Jahren begonnen hatte, Klavier zu studieren, auf Umwegen zuerst nach Minsk und dann weiter nach Taschkent. Nach Beendigung seines Kompositionsstudiums in Minsk schickte er 1943 seine erste Sinfonie an Dimitri Schostakowitsch. Der lud ihn daraufhhin nach Moskau ein, wo Weinberg bis zu seinem Tod im Alter von 77 Jahren lebte. 1953 wurde Weinberg kurz vor Stalins Tod vorgeworfen, sich für die Errichtung einer jüdischen Republik auf der Halbinsel Krim eingesetzt zu haben. Daraufhin wurde er inhaftiert, auf Intervention Schostakowitschs aber nach einem Monat wieder freigelassen.
Seine ersten Werke tragen eine moderne Handschrift (1. Klaviersonate und das 1. Streichquartett), danach werden sie zunehmend tonaler. Seine Werke setzen sich mit den Themen seines Lebens, vornehmlich dem Krieg, auseinander.

Quartetto di Cremona und Matthias Kirschnereit

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Beweisstücke

Wir haben so lange kein Konzert mehr gehört, vor allem nicht mit Matthias Kirschnereit. Das letzte war das Abschlusskonzert der Gezeitenkonzerte vor genau zwei Wochen. Unser Kollege Gert Ufkes war richtig neidisch auf uns, dass wir sowohl das Quartetto di Cremona als auch Matthias schon wieder sehen durften.

Um kurz nach acht ging es im Großen Sitzungssaal des Alten Landtags in Oldenburg los. Ganz ohne Begrüßung kamen die vier sympathischen jungen Männer auf die Bühne und machten sich ans Werk. Los ging es mit Beethovens Streichquartett in B-Dur op. 18 Nr. 6, das gewohnt ausdruckstark gespielt  und mit starkem Applaus belohnt wurde. Ein guter Auftakt!

Dann kam Matthias Kirschnereit dazu. Schumanns Klavierquintett Es-Dur op. 44 stand auf dem Programm. Für mich ist Matthias in diesem Jahr einer   d e r   Schumann-Interpreten schlechthin geworden, allerdings habe ich ihn dabei bislang immer solo gehört. Das sollte sich nun ändern. Leider war die Akustik des Saales etwas breiig, sodass nicht alles richtig rüberkam. Dirk Lübben und ich brauchten nur einen Blick auszutauschen, um zu wissen, was beide dachten. Da lobe ich mir unsere Kirchen in Ostfriesland, die über weitaus mehr Charme und Atmosphäre und fast immer eine deutlich bessere Akustik verfügen. Trotzdem war das Publikum – rund 200 Gäste – sehr angetan, und es ist einfach ein wunderschönes Stück!

Wie schön ist es doch, zur Abwechslung mal in einem Konzert sitzen und dieses einfach genießen zu können, ohne verantwortlich zu sein, wenn jemand die Konzertatmosphäre stört, weil einer an der Tür rüttelt. Unsere Gezeitenkonzerte habe ich genau aus diesem Grunde meistens draußen vor der Tür gehört oder auch nicht, was mir für die Künstler, zu denen ich immer einen guten Kontakt hatte, ein bisschen leid tat. Dafür habe ich es genossen, bei den Proben zwischendurch Mäuschen spielen zu dürfen!

Nach einer Pause ohne Catering, dafür mit spärlichem Getränkeangebot, gab es zum Abschluss Schostakowitschs Klavierquintett in g-Moll op. 57, das nach einem schönen Beginn erst einmal dahin plätscherte, sodass ich gedanklich schon abschweifte und mich fragte, warum es als bestes Kammermusikwerk des Jahres 1940 mit dem Stalin-Preis erster Klasse ausgezeichnet worden war. Dann jedoch kam der zweite Satz: Fuge (Adagio), der mich wiederum fesselte. Ab da war es wieder spannend, und es war eine Freude, den fünf Musikern auf der Bühne zuzuschauen, sodass ich mich fast meiner Gedanken über das Präludium schämte. Für etwas mehr Atmosphäre im Saal sorgte das lautstarke Durchknallen einer Glühbirne im Scherzo, das zum Leidwesen der Künstler zu stimmungsvollerem Licht führte, aber niemanden auf der Bühne aus der Ruhe brachte.
Eine Zugabe gab es, trotz lang anhaltendem Applaus nicht, sodass das Konzert des Oldenburger Kunstvereins auf die Minute pünktlich um 22:00 Uhr beendet war.

Der deutsche Manager des Cremona Quartetts, Joachim Nerger vom Künstlersekretariat Rolf Sudbrack erzählte uns vor dem Konzert, dass er Matthias‘ Management (June Artists) gebeten hatte, dessen Aufnahme just dieses letzten Stückes vorab nach Italien zu schicken, damit sich Cristiano Gualco, Paolo Andreoli, Simone Gramaglia und Giovanni Scaglione ein Bild von seinem Spiel machen konnten. Schließlich ist Matthias kurzfristig für Andrea Lucchesini eingesprungen und es gab – außer nachmittags – keine Möglichkeit für eine Probe. Spürbar war das kaum, aber wie er richtig bemerkte: „Das glaubt einem ja keiner, dass die im Prinzip noch nie zusammen gespielt haben!“ Mit wem hatte Matthias diese Aufnahme eingespielt? „Natürlich“ mit dem Szymanowski Quartett, was ich ja auch gerne live erlebt hätte, da mir diese eindrucksvollen Herren ebenfalls sehr ans Herz gewachsen sind.

Danach haben wir wie verabredet noch die Gelegenheit genutzt, ein paar Worte mit den Künstlern zu wechseln. Die vier Italiener hatten wir nun schon seit etwa drei Jahren nicht gesehen, aber sie erkannten uns sofort und erkundigten sich nach alten Bekannten und ließen Grüße ausrichten. Es war ein sehr herzliches, wenn auch kurzes Miteinander, da alle früh ins Hotel, bzw. sich direkt auf den Heimweg machen wollten. Samstagfrüh sollte es ab Bremen zurück nach Milano gehen, wo vor dem Weiterflug nach Frankreich zehn Stunden Aufenthalt angesagt waren … . Matthias freute sich nach einem erneuten Konzertmarathon in dieser Woche einfach nur auf ein Wochenende zu Hause. Schön, dass er auf seiner Fahrt Begleitung hatte, da er kurzerhand Joachim Nerger angeboten hatte, ihn nach Hamburg mitzunehmen.

 

Konzert auf der anderen Seite des Ems-Jade-Kanals

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Quartetto di Cremona

Nachdem viele aus dem Team ihren wohlverdienten Urlaub genießen, kümmern sich Dirk Lübben, Gert Ufkes und ich um die Nacharbeiten der Gezeitenkonzerte (Abrechnungen, Aufräumen, Ablage und mehr mit A fällt mir nicht ein) und den Betrieb des Landschaftsforums.
Matthias Kirschnereit hat den Rekord gebrochen: Wir haben eine Woche lang nicht miteinander telefoniert, da er ein paar Konzerte am Stück in Chemnitz gespielt hat und sich ausschließlich darauf konzentrieren wollte! Da bekommt man schon so langsam Entzugserscheinungen! Die bekämpft man dann am besten mit einem Konzert mit ihm, gemeinsam mit dem Quartetto di Cremona, guten alten Bekannten für viele in Ostfriesland. Allerdings findet das außerhalb der Grenzen Ostfrieslands statt, in Oldenburg nämlich, sodass wir mal wieder den Sprung über den Ems-Jade-Kanal machen. Beim 1. Meisterkonzert des Oldenburger Kunstvereins musste kurzfristig der Pianist Andrea Lucchesini ersetzt werden. Glücklicherweise konnte Matthias einspringen. Dirk Lübben und ich freuen uns auf ein Konzert im Alten Landtag mit Werken von Beethoven, Schumann und Schostakowitsch und natürlich das Wiedersehen mit fünf spannenden Künstlern und hoffen auf genug Zeit für knackige Gespräche am Rande.

Üben, üben, üben

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Matthias Kirschnereit bei den Proben, Foto: Karlheinz Krämer

Faszinierend fand ich an Matthias Kirschnereit, dass er vor dem Abschlusskonzert jede freie Minute nutzte, um – egal an welchem Flügel – zu proben. Er hat halt den kleinen Anspruch an sich selbst, möglichst perfekt zu spielen. Mit dem Orchester gemeinsam gab es dafür nur Donnerstagabend und Freitagvormittag die Möglichkeit, was beiden Seiten vollkommen ausreichte. Aber Matthias bat darum, während das Orchester alleine weiterprobte, für ihn ebenfalls noch eine Möglichkeit zu finden. Praktischerweise ist zurzeit der Flügel aus der Musikschule von der Neuen Kirche für die Zeit des Umbaus in die Schweizer Kirche ausgelagert, und die Veranstaltung zum Geburtstag des Emder Rathauses dort war auch rechtzeitig beendet, sodass er sich dort ans Werk machen konnte.

Stand im Zusammenhang mit den Gezeitenkonzerten ein Termin in Aurich an, war Matthias‘ Frage im Vorfeld sehr häufig: „Wo kann ich üben?“ Gut, dass es hier Musikfreunde mit Flügel gibt, denen es eine Freude ist, ihr Instrument zur Verfügung zu stellen und dadurch gleichzeitig ein sehr privates Konzert genießen zu können.
Gleich nach der öffentlichen Probe am Freitagvormittag – den Schlüssel für die Schweizer Kirche hatte er vom Vorabend vorsorglich behalten – verabschiedete er sich erneut dorthin. Und auch abends blieb er bis zur letzten Sekunde am Flügel, was uns beim Auslegen der Plätze etc. die Möglichkeit bot, ihm zu lauschen und zuzusehen: Toll!

Unser Klavierbaumeister, der eigentlich noch einmal nachstimmen wollte, raunte mir dann irgendwann zu: „Warum übt er denn immer noch. Wenn’s einer hier draufhat, dann er!“ Nachdem ich mich dann breit grinsend vor ihm aufgebaut hatte, um ihn möglichst schonend darauf vorzubereiten, dass es jetzt reichen muss, gab er, dann selbst mit einem Lächeln, auf und den Flügel für Tamme frei.

Diesen Kirchenschlüssel habe ich übrigens umgehend nach dem Abschlusskonzert zurückbekommen.

Diskutiert wird auf Augenhöhe

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Am Dienstag nach der Pressekonferenz hatte Matthias Kirschnereit das Kernteam zu einem Essen in der Pizzeria und einem gleichzeitigen ‚Brainstorming‘ fürs nächste Jahr eingeladen. Das war eine nette und entspannte Runde, bei der viele tolle Ideen bereits geboren und natürlich gleich notiert wurden. Ein netter Ausklang der Gezeitenkonzerte in diesem Jahr, der gleichzeitig Appetit für die kommende Auflage gemacht hat.

Im Pressegespräch wurden ja bereits ein paar Details bekannt gegeben (s. Artikel im Bereich „Presse“ hier im Gezeitenblog). Wir überlegen noch hinsichtlich des zeitlichen Rahmens und werden in diese Überlegungen u. a. die Ergebnisse aus unserer Umfrage einfließen lassen. Der Rücklauf dieser Fragebogenaktion war übrigens sehr gut: Allen Teilnehmenden sei an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt! Wichtig ist es uns auch weiterhin die Beteiligung am Projekt „Rhapsody in School“, was aber nur außerhalb der Ferienzeit, nach meinen Erfahrungen besser vor Beginn der Sommerferien, möglich wäre. Außerdem soll es ein Motto geben, das mit viel Spaß und mehr oder weniger geistreichen Kommentaren in unserer Runde schon mal diskutiert wurde. Matthias Kirschnereit hat es schon in der Pressekonferenz gesagt: Ostfriesland und die Menschen hier, egal ob Publikum oder Team-Mitglieder, sind ihm in diesem Jahr schon sehr ans Herz gewachsen und er fühlt sich hier sehr wohl. Uns geht es mit ihm genauso: Wir haben das Gefühl, ihn schon deutlich länger als ein halbes Jahr zu kennen, und, was besonders schön ist: Diskutiert wird auf Augenhöhe.

Witzig war es bei jedem Konzert, an dem Matthias Kirschnereit nicht persönlich dabei sein konnte. Meistens waren wir gerade beim Abbau oder beim Verabschieden des Publikums, wenn mein Handy anfing zu piepen oder zu vibrieren, weil er per sms anfragte, wie es gelaufen sei. Jeder aus dem Team guckte fragend und unisono vermuteten wir gleich: Matthias?! Auch die Künstler wurden nicht nur mit einer persönlichen Botschaft in der Künstlergarderobe begrüßt, sondern bekamen zusätzlich auch noch eine Mail oder Textnachricht. Die Gedanken waren so auf jeden Fall immer bei den Gezeitenkonzerten und den Menschen, die mit ihnen in Verbindung standen.

Emder Abschlusskonzert vom Feinsten

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Abschluss der Gezeitenkonzerte 2012 mit dem KKO unter Ivo Hentschel mit Matthias Kirschnereit als Solist, Foto: Karlheinz Krämer

Das hat man dann davon: Kaum zeigt man Interesse am persönlichen Besuch des Emder Abschlusskonzertes, schon wird man als harmloser Programmhefttexter der Gezeitenkonzerte in der Konzertpause verpflichtet, einen Blogbeitrag zu verfassen. Macht man natürlich gern, denn Wibke Heß und Simon Hopf können einen auf so ‘ne bestimmte Art überzeugen…

 

Morgens also Autofahrt von Hamburg nach Emden. Um 11 Uhr war „Öffentliche Generalprobe“ in der originellen Spielstätte, der Johannes a Lasco Bibliothek. Kaum zu glauben, dass dieses Mahnmal bis 1995 vor sich hin rottete, bevor es zu diesem Schmuckkästchen werden konnte! Knapp zweihundert Besucher nutzten die Gelegenheit des kurzfristig angesetzten Zusatzangebotes und erlebten eine konzertähnliche Durchspielprobe mit anschließenden Korrekturen. Das abendliche Konzert und auch schon die Generalprobe wurden von NDR Kultur mitgeschnitten, was auch vom Publikum gesteigerte Disziplin erforderte. Knapp drei Stunden (inklusive Pause) dauerte die Vormittagsveranstaltung, was nicht alle Besucher bis zum Ende durchhalten mochten. Manche aus eher bizarren Gründen wie ablaufende Parkuhren…

Abends durfte ich dann für meine Freikarte (Danke, Wibke!) beim Vorbereiten des Konzertraumes helfen, später sogar hilfsweise Eintrittskarten kontrollieren und das Programmheft verteilen. (Ein seltsames Gefühl, wenn der eigene Text so unter die Konzertbesucher gelangt!)

Hilko Gerdes, Vizepräsident der Ostfriesischen Landschaft, hielt eine kurze, fast schon launige Eröffnungsrede aus Anlass des Abschlusskonzertes. Dann legten sie los: Das etwa dreißig Musikerinnen und Musiker starke Kurpfälzische Kammerorchester (KKO) aus Mannheim mit seinem Dirigenten Ivo Hentschel. Sie spielten zu Beginn einen „unechten“ Salieri – weil der die Sinfonia „Veneziana“ aus eigenen Werken gar nicht selbst zusammengebastelt hatte.

Matthias Kirschnereit, in einer Person Künstlerischer Leiter der Gezeitenkonzerte, Familienvater mit Wohnsitz in Hamburg und weltweit tätiger Pianist, obwohl es ihn wirklich nur einmal gibt, hatte es sich nicht nehmen lassen, im Abschlusskonzert als Solist des Mozart-d-Moll-Konzertes aufzutreten. Es war faszinierend zu hören, wie sich Solist und KKO nach nur wenigen Proben aufeinander eingestellt hatten, um auf hohem Niveau miteinander zu musizieren. Zum Dank für den anschließenden Riesenapplaus des begeisterten Publikums bot Matthias Kirschnereit eine Zugabe von Claude Debussy, dessen 150. Geburtstag in dieses Jahr fällt: „Mouvement“ aus den „Images“, ein sehr motorisch angelegtes Virtuosenstück, „weil alles wie bei den Gezeitenkonzerten auch zukünftig in Bewegung bleibt“, wie sich der Künstlerische Leiter dazu einleitend äußerte.

Das war aber noch nicht alles – denn nach der schön langen Konzertpause, in der die „Haasen“, wie man das Haase Catering hier augenzwinkernd zu bezeichnen pflegt, mit ihrem tollen Angebot an Essen und Trinken für beste Auffrischung nicht nur des Flüssigkeitshaushalts sorgten, hielt Matthias Kirschnereit eine kleine Ansprache, in der er seine Position zur aktuellen Festivalsituation in Ostfriesland darstellte und sich unter dem Beifall der 450 Konzertbesucher eine „friedliche Koexistenz“ mit dem Musikalischen Sommer in Ostfriesland wünschte, da über allem die Kunst, speziell die Musik, und ihre Weitergabe stehen möge.

Kurpfälzisches Kammerorchester mit Dirigent Ivo Hentschel, Foto: Karlheinz Krämer

Danach traten das KKO und Ivo Hentschel erneut auf den Plan. Diesmal spielten sie die eher unbekannte „Prager Sinfonie“ (Nr. 38) von Mozart, die mich auch aufgrund ihrer Meisterschaft in jeder Sekunde (und das ist wörtlich gemeint!) ungeheuer beeindruckt hat. Das lag natürlich zu einem großen Teil auch an den Interpreten, die den Schlusssatz noch eine Spur schneller angingen als bei der vormittäglichen Generalprobe. Alle fünf Wiederholungen innerhalb der drei Sätze wurden gespielt! Als musikliebender Zuhörer kann ich nur meinen größten Respekt zollen und mich bedanken für einen spannenden Konzertabend, der das Publikum hörbar (weil unhörbar) konzentriert in seinen Bann zog.

Matthias Kirschnereit, der sich die „Prager“ auch anhörte, machte einen mehr als zufriedenen Eindruck, so dass mein einheimischer Sitznachbar mir zuflüsterte: „Der fühlt sich wohl hier!“

Der ausdauernde Beifall „zwang“ Ivo Hentschel und das KKO zu einer Zugabe: Man spielte den Presto-Schlusssatz aus Mozarts Sinfonie Nr. 28 (KV 200), der wie ein glitzerndes Feuerwerk die diesjährigen Gezeitenkonzerte beendete. Tatsächlich ein Abschlusskonzert vom Feinsten!

Nachts also Autofahrt zurück nach Hamburg. Und bei aller Liebe für die schönste Stadt der Welt, die ich eigentlich nicht ohne Not zu verlassen bereit bin, habe ich mich doch während der Rückfahrt bei dem Gedanken ertappt, dass es leider ein bisschen zu weit ist, um mal eben im faszinierenden Ostfriesland aufzukreuzen und diese besonderen Menschen dort noch öfter zu besuchen. Das hat man dann davon…

Ulf Brenken

 

Anmerkung von Wibke: Der Text wurde nicht verändert; ich habe mir lediglich erlaubt, die Fotos hinzuzufügen!

Gezeiten-TV zum Abschluss der Gezeitenkonzerte

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Gezeiten-TV: Karlheinz Krämer und Matthias Adelmund waren gestern für Gezeiten-TV am letzten Tag der Gezeitenkonzerte dabei und nutzten die Gelegenheit, mit einem glücklichen künstlerischen Leiter der Gezeitenkonzerte, Matthias Kirschnereit, ein Interview zu führen.

Wir bedanken uns bei unseren Festivalförderern